Pyramiden von Meroe
 

Mit der Verlegung der Residenz der Könige von Napata nach Meroe im 3. Jahrhundert n. Chr. entstanden am Rande der Wüstenberge in der Nähe der königlichen Stadt Meroe, rund 200 Kilometer nordöstlich von Khartum in der Nähe des Dorfes Bagrawija, die letzten Ruhestätten der Könige und hohen Adligen in Form von Pyramiden.
Der Wechsel des Friedhofes könnte bereits schon 590 v. Chr. erfolgt sein, als ein Jahr zuvor der ägyptische Pharao Psammetich II. in Nubien eingefallen ist.
Psammetich II. scheint Aspeltas Truppen besiegt zu haben und mit seinen Truppen noch tiefer in das meroitische Reich vorgedrungen zu sein. Er soll Napata am 4. Katarakt zerstört haben, was aber nicht sicher belegt werden kann.  Ebenso ist der Grund und Zeitpunkt des Residenzwechsels noch ungeklärt.
Ob die Königsresidenz je in Napata lag, hält Peter Shinnie, der in Meroe gegraben hat, für unsicher, weil dort keine Siedlung gefunden wurde. Von Meroe ist allerdings durch klassische Autoren bekannt, daß es dort bereits Besiedlungen im 8. Jahrhundert v. Chr. gab, diese vor die Napatazeit datiert werden können und die kulturelle und politische Entwicklung von Meroe ausging.
Auf dem Friedhof zeigen Funde, daß der Ort schon unter Pije wichtig war und niedere Adlige und Hofbeamter bereits im 7. Jahrhundert v. Chr. dort begraben wurden.
Das Kernland des meroitischen Gebietes, das heutige Butana, war als "Insel von Meroe" bekannt. Der Verkehr verlief überwiegend über den Weg durch den Wadi Abu Dom, der den großen Nilbogen zwischen dem 4. und 6. Katarakt durchquert, da das meroitische Gebiet auf drei Seiten von den Flüssen Nil, Atbara und Blauer Nil umgeben ist.
Die Siedlung Meroe befindet sich etwa einen Kilometer östlich des Flusses, währen sich die Gräber weiter im Osten der Wüste befinden.

Skizze:
Lehner, Mark; Geheimnis der Pyramiden.
Der Friedhof von Meroe läßt sich von der Lage her grob in drei Gruppen einteilen (Bagrawija Nord, Süd und West), die über kleine Hügel verteilt sind und eine Fläche von rund einem viertel Quadratkilometer einnimmt. Es sind dort etwa über 900 Pyramiden und Gräber zu finden.

Der Entstehungszeitraum der überwiegend aus Stein erbauten Pyramiden reicht hauptsächlich von ca. 300 v. Chr. bis etwa 300 n. Chr. Die erste Pyramide in Meroe, die sicher einem Herrscher zugeschrieben werden kann, stammt von Ergamenes (oder auch bekannt unter den Namen Arkamaniqo), ein nubischer König der etwa 270 v. Chr. regierte.

Die Südgruppe ist die älteste Friedhofsanlage. Hier liegen vornehme Familien aus der Zeit Piankhi neben drei Königen und sechs Höflingen späterer Zeit.

Die Nordgruppe befindet sich auf einem Bogen eines vom Nordosten nach Süden verlaufenden Hügelrückens, auf dem in der Hauptachse sich Grabstätten von 27 Königen, 8 regierenden Königinnen und von wenigen Prinzen (Korerenten ?) befinden. 

In der Ebene im Westen befinden sich die Gräber der Westgruppe, hier wurde kein König bestattet, sondern Personen der  niederen Ränge des Königshofes, wie auch hohe Würdenträger und ihre Familien.
 
Eine wesentliche Neuerung im Pyramidenbau ist hier an 10 Pyramiden zu beobachten. Diese erhielten Kantenzierleisten, die Kapellen waren reichlich mit Reliefs ausgeschmückt und besaßen durchweg drei Grabkammern.

Der äußere Unterschied zu den großen Vorgängerbauten im Alten Ägypten ist deutlich zu erkennen.
Ihr Neigungswinkel war mit 70 Grad steiler als die ägyptischen Pyramiden mit einem Neigungswinkel von 50 Grad.
Die Pyramiden von Meroe erreichten eine Höhe von maximal 30 m,
standen auf einem flachen Sockel und glichen in ihrer Form Pyramidenstümpfe mit Abschlußsteinen.
Die Oberflächenbearbeitung war nicht einheitlich, es gab verschiedene Varianten, die sich nach der aktuellen Mode richtete.
Die Pyramiden in Meroe fallen durch ihren im Vergleich zu den ägyptischen Pyramiden steilen Winkel, von ca. 70 Grad (die ägyptischen: ca. 50 Grad) auf. Sie sind auch wesentlich kleiner als diese. Die meisten Pyramiden wurden nicht glatt verkleidet, sondern gestuft angelegt, hatten wahrscheinlich keine Spitze, sondern waren oben etwas abgeflacht und besaßen möglicherweise einen kleinen, flachen Zylinder als Abschluss.

Überwiegend befand sich auf der Ostseite der Pyramide eine kleine, aus einem Raum bestehende Opferkapelle, die der Pyramide vorgesetzt wurde. Möglich, daß die privaten Grabbauten von Deir el-Medine (das Dorf der Handwerker und Künstler in Ägypten / Theben West) als Vorlage dienten. Ihre Funktion war nicht die Grabkammer zu umschließen, sondern sie waren dazu gedacht, als Gedenkstätte für den Verstorbenen zu dienen. Ihre Grabkammer befand sich nach alter Tradition unter der Erde.


Nach dem Höhepunkt der meroitischen Kunstgeschichte wurden die Pyramiden schlichter. Die Wände wurden erst glatt gebaut, bis sie später nur noch aus Lehmziegel gebaut wurden und kaum noch eine Basislänge von 7 m erreichten.
Sie waren mit reichlich kostbarem Grabschmuck versehen, vor allen mit römisch-hellenistischen Luxuswaren. Das muß so reichlich gewesen sein, das trotz der Grabräuberei noch ergiebige Funde gemacht werden konnten.

Bei den Bestattungen der Könige geht man davon aus, daß sogenannte "Sati-Gebräuche" statt fanden. Das bedeutet, daß in fast allen Gräbern der Könige der Harem und Hofstaat ihm folgte, um auch nach dem Tod bei ihm zu verweilen und ihm zu dienen. So weit mir bekannt, ist dies aber nicht sicher zu belegen.

Sollte dies zutreffen, so scheint allerdings die Zahl der Menschenopfer nicht sehr groß gewesen zu sein. Überwiegend fand man Skelette von Pferden, Kamelen und Hunden.
An materiellen Beigaben fand man Messer, Scheren, Pinzetten, Draht, Nägel, sogar Schlösser für Kisten oder Türen. Diese Beigaben zeugen auch für die handwerkliche Blüte dieser Zeit.


Eine erste Nummerierung der Pyramiden erfolgte durch  R. Lepsius während seiner Expedition im Januar 1844. Unter R. Lepsius wurde der Friedhof systematisch untersucht, Pläne wurden gezeichnet und viele Darstellungen in den Pyramidenkapellen wurden kopiert.
Eine weitere Untersuchung des Gräberareals erfolgte durch George Andrew Reisner, der in den Jahren 1920 das Gräberareal systematisch vermaß und ausgrub.
Durch die neuen Funde war eine neue Nummerierung der Pyramiden erforderlich. Lücken in der Nummerierung sind wohl durch nicht königliche Gräber begründet. Das Interesse von Reisner während seiner Ausgrabungen konzentrierte sich mehr auf die Grabkammern und weniger auf die Dekoration und Architektur der Kapellen. Deshalb sind bis heute noch nicht die Dekorationen und Architektur ausführlich wissenschaftlich vorgestellt und publiziert worden.
In den letzten Jahren wurden einige Pyramiden von dem deutschen Archäologen und Architekten Friedrich Hinkel restauriert.
Endgültig erforscht sind diese Pyramiden bis heute noch nicht.

Die heute verwendeten Nummern der Pyramiden erfolgen nach George Andrew Reisner.

Reisner schaffte es nicht, seine Arbeiten vollständig zu publizieren. Aus diesem Grund wurde die Arbeit von G. Reisner  von Dows Dunham in den 1950er und 60er Jahren in mehreren Monumentalbänden publiziert.

Es ist leider nicht möglich, allen Pyramiden einem Besitzer zuzuordnen. Zum Teil sind die Namen der Besitzer in den kleinen Pyramidentempeln noch erhalten. Sind diese jedoch zerstört, gibt es kaum Anhaltspunkte zur Identifizierung. Gelegentlich befanden sich  beschriftete Objekte mit Namen des Grabinhabers in den Grabkammern. Auch waren die meisten Pyramiden mit einer beschrifteten Opfertafel ausgestattet, die den Namen des Grabinhabers nennen. Opfertafeln sind allerdings Gegenstände, die leicht verschleppt werden konnten. Deshalb können ihre Fundorte nur einen ungefähren Anhaltspunkt liefern.

Die Abkürzung Beg steht für Bagrawija.


Meroe Pyramiden Südgruppe Gesamtübersicht.
 

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dann erscheint eine weitere Beschriftung der Pyramiden mit Nummern und Namen der Grabinhaber.

Auf dem Foto oben sind die Pyramiden der Südgruppe zu sehen, welche ich mir näher angeschaut habe.

Im Aufbau besteht die Grabstätte einer Pyramide im wesentlichen aus drei Teilen, aus der eigentlichen Pyramide, dem vorgebauten kleinen Kulttempel und der Grabkammer.
Die Pyramide selbst war aus lokalem Sandstein, in späterer Zeit auch aus Ziegeln errichtet. Die Pyramiden selbst sind nicht begehbar, es befinden sich dort keine Räume.
Unter der Pyramide befindet sich die Grabkammer, welche durch eine Treppenanlage oder einer Rampe erreicht werden konnte. Nachdem sich der Sarg mit dem verstorbenen in der Grabkammer befand, wurde der Eingang zugeschüttet. Anschließend wurde vom Nachfolger des Herrschers oder den Nachkommen des Verstorbenen die Pyramide und die dazugehörige Kultkapelle an der Ostseite errichtet.
Gebaut sind die Kultkapellen aus Sandstein und besaßen in der Regel ein bis zwei Kammern, vor denen ein Pylon vorgelagert war. Die äußeren sowie die inneren Wände waren reichlich mit flachen, auch erhabenen Reliefs und Inschriften dekoriert.
Stil und Inhalt der Darstellungen der Reliefs zeigen überwiegend ägyptische Elemente, Darstellungen von ägyptische Göttern und ägyptische Rituale, die in großen Zügen übernommen wurden. Der Herrscher wird oft auf einem Thron in Löwengestalt gezeigt, hinter ihm stehen Götter oder seine Gemahlin. Auch Barkendarstellungen im ägyptischem Stil sind zu sehen.

Die angebauten zerfallenen Kult-Kapellen wurden bei den Restaurationsarbeiten wieder aufgebaut und die gefundenen Reliefsteine in die neuzeitlichen Wände innen und außen eingefügt.
Von vielen Pyramiden sind die Besitzer auf Grund fehlender Inschriften nicht zu identifizieren.

Südliches Pyramidenfeld von Meroe

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Es befinden sich dort noch mehr Fotos und eine Beschreibung zu jeder einzelnen Pyramide.
Die Fotos können auch einzeln angeklickt werden.


Beg N 51 König
Name unbekannt

Beg N 24 
Name unbekannt

 Beg N 25  König
Name unbekannt

Beg N 26 Königin
Name unbekannt

 Beg N 27 
(Tamelordeamani?)

Beg N 28 König
Teqorideamani

Beg N 29 König
Takideamani

Beg N 30 König
Aritenyesebokhe

Meroe Pyramiden Nordgruppe Gesamtübersicht
 

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Dieses Foto zeigt einen Teil der nördlichen Gruppe des Pyramidenfeldes.
Durch Grabräuber wurden in früheren Zeiten bei der Suche nach Grabbeigaben die Pyramiden zum großen Teil zerstört.

In der Pyramide Beg N 6 fand 1834 der italienische Arzt und Abenteurer Giuseppe Ferliniin in einer Nische wunderschöne Schmuckstücke der Königin Amanishakheto.
Es wird angenommen, daß dieser Schmuck später dort abgelegt wurde, um ihn wahrscheinlich vor Grabräubern zu verstecken.
Diese Fundstücke sind heute in Berlin und München im Museum zu bewundern.

Als George Andrew Reisner um 1920/22 das Pyramidenfeld systematisch ausgrub, fand er noch viele kleine Objekte von Alltagsgegenständen, die als Grabbeilagen dienten.
Die Funde wurden hauptsächlich zwischen Khartum und dem Museum of Fine Arts in Boston aufgeteilt.


Foto: Museum of Fine of Arts Bulletin; Vol. XXI, No. 124. Boston 1923
Blick auf das nördliche Pyramidenfeld 1922 vor dem Beginn der Ausgrabungen.

                                         Auch hier besichtigte ich viele Grabstätten, die ich hier kurz vorstellen möchte.

Nördliches Pyramidenfeld von Meroe

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 Beg N 1
 König Amanitore

 Beg N 2
König Amanichabale

 Beg N 3
Name unbekannt

Beg N 4
König Amanitecha

  Beg N 5
Arikancharora

Beg N 6
Königin Amanishakheto

 Beg N 7
König Arqamani

Beg N 8
König ...mr... t

 Beg N 9
Tabirqa

Beg N 10
Prinz Sherakarer (?)

Beg N 11
Königin Shanakdakheto

 Beg N 12
König

 Beg N 20
König Ka-nacht___

Beg N 21
König

Beg N 35 Aretnide
    Nr. 36 Amanitaraqide

Beg N 18 Königin
Amanikhatashan

Westliches Pyramidenfeld von Meroe
Das westliche Pyramidenfeld liegt etwas abseits von der südlichen und nördlichen Pyramidengruppe. Zeitlich schafften wir es nicht, diese Grabanlagen zu besuchen.
So kann ich hier nur kurz die Ansicht zeigen, wie ich diese aus dem fahrenden Auto sehen und fotografieren konnte.

Mit dem Ende der meroitischen Kultur um 350 n. Chr. verschwand auch die Tradition des Pyramidenbaus und die Übernahme der religiösen Symbole als Wahrzeichen eines Königgrabes nach altägyptischen Brauch. Das Ende des Pyramidenbaus nach einem Wiederaufleben nach etwa 800jähriger Pause wird vor allem finanzielle Gründe gehabt haben. Wie bereits erwähnt waren die nubischen Pyramiden kleiner, viel zahlreicher und weit genormter und wurden für einer größeren Anzahl von Mitgliedern des königlichen Haushaltes errichtet als im klassischen Pyramidenzeitalter. Bedenken sollte man auch, daß das Bereitstellen des Etats für den Pyramidenbau Probleme gemacht hat, wenn man die geringere  Bevölkerungsdichte der nubischen Bevölkerung vergleicht im Verhältnis Ägyptens im Alten und Mittleren Reich. Schon alleine Aspeltas kolossaler Granitsarkophag dürfte einen viel größeren Anteil des Bruttosozialprodukts verschlungen haben als zum Beispiel das Quarzit-Grabgewölbe Amenenhets III..
   
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