El-Kurru
Gräberfeld mit Pyramiden und Gräber für die Pferde
 


 

El-Kurru liegt am rechten Nilufer etwa 13 km stromabwärts von Gebel Barkal und 35 km stromabwärts vom 4. Nil-Katarakt. Es ist die älteste Totenstadt der Königsnekropole des Reiches von Kusch.
Der königliche Friedhof gilt als der älteste des Reiches von Napata, ehe ihn der König Taharka (um 653 v. Ch.) nach Nuri verlegte.

Hier befinden sich die Grabstätten von 5 der 6 Könige der 25. Dynastie, ebenso auch die von 16 Königinnen, die seit Piye (Pianchi) einen gesonderten Teil der Nekropole einnehmen.

Der Ursprung des "modernen" Namen dieser Stätte ist unbekannt. F. LI. Griffith schlägt Kry ("Karoy") vor, abgeleitet vom altägyptischen Namen eines Ortes an der äußersten oberen Grenze des Reiches Kusch in dem Zeitraum des Neuen Reiches in Ägypten. AJ Arkell schlägt dagegen eine Ableitung aus dem meroitischen Wort Kore ("King") vor.

Erwähnt wurde die archäologische Bedeutung dieses Ortes zuerst 1821 von F. Cailliad und 1844 von R. K. Lepsius, die während ihrer Erkundigungen zu dieser Zeit zwei Pyramiden und ruinöse Gräber vorfanden.

In der Zeit vom Februar bis Mai 1918 führte Georg A. Reisner von der Harvard University-Museum Fine of Arts, Boston Expedition erstmalig Ausgrabungen durch. Reisner untersuchte die bereits bekannten zwei großen Pyramiden und datierte diese in die Zeit eines späten napatanischen Königs und einer Königin. Welcher König bzw. Königin namentlich dort bestattet wurde, ist nach der bisherigen Fundlage noch unbekannt.

 

 

Der Sudan Archäologe Timothy Kendall berichtet auf seiner Onlineseite von unveröffentlichten Tagebüchern im Museum Fine of Arts in Boston von Reisner und seinem Assistenten Dunham. Darin berichtet Reisner, daß er einige Tage auch im neuzeitlichen Dorf Sondierungsarbeiten vorgenommen hat.
Innerhalb und an der Grenze des modernen Dorfes stieß Reisner dabei auf Ruinen einer alten Festungsstadt.

Die gefundenen Reste der Stadt bestanden aus einem Abschnitt mit Schutt gefülltem Wall mit einer abgerundeten Bastion und aus späterer Zeit einem Gateway, das den Abschluß der Kultivierung zu markieren schien. 
Überreste eines Gebäudes konnten von der Innenseite erkannt werden. Es handelt sich hierbei um in einen Felsen gehauenen Brunnen oder Zisterne von 6 x 4,5 m und 5 m Tiefe bei niedrigem Wasserstand mit absteigender Treppe. Reisner geht davon aus, daß hierdurch die Wasserversorgung der Gemeinde zu dieser Zeit gewährleistet wurde.
Genaue Karten oder Pläne dieser Ausgrabungen sind nicht vorhanden, heute ist es schwierig solche zu erstellen, weil die Gegend dicht besiedelt ist.
Somit kann davon ausgegangen werden, daß El-Kurru die älteste Residenzstadt der napatanischen Dynastie gewesen sein könnte und vor dem Aufstieg von Napata und Sanam im späten 8. Jahrhundert v. Chr. ein großer Umschlagplatz von Gütern auf der Handelsroute von der Nordseite des Nilufers über die Bayuda Wüstenroute (Region 6. Katarakt) und der Meheila Route (Region 3. Katarakt) in der nubische Wüste gewesen ist.

Ein kleiner spät-meroitischer Friedhof konnte dabei auch identifiziert werden. Dieser wurde teilweise ausgegraben, das Material ist bisher noch nicht veröffentlicht.

Die kleineren zerstörten Gräber um die Pyramiden sind vier Königen aus der 25. Dynastie zuzuordnen: den Königen Pianchi (ca. 747-716 v. Chr.), Shabaqo (ca. 716-704 v. Chr.), Shebitqo (ca. 704-690 v. Chr.), Tanutamen (ca. 664-553 v. Chr.), ebenso ihren großen und kleinen Königinnen und 16 Ahnen, deren Namen nicht bekannt sind.
 
An Hand der Funde und Fundlage der bisher gesichteten Objekte ist es noch nicht möglich Erkenntnisse über die Entstehung der napatanischen Dynastie, die spätere 25. Dynastie zu gewinnen.
Ebenso ist die genaue Datierung der 16 Gräber der Ahnen problematisch. Funde aus den frühesten Gräbern, wie Stein-, Fayence- und Tongefäße sowie gefundene Skelettreste könnten aus dem Neuen Reich dem späten 9. Jahrhundert v. Chr., als auch aus der Zwischenzeit stammen. Durch Plünderungen der Gräber hat eine chaotische Vermischung der Gegenstände statt gefunden.

Ob es sich bei der Anlage von Pianchi um ein Pyramidengrab oder um eine Mastaba handelt ist nicht sicher zu benennen, im Altertum wurde diese Anlage fast völlig abgetragen.

Auf dem seit 860 v. Chr. benutztem Gräberfeld sind verschiedene Stadien der Pyramidenentwicklung zu beobachten, sie reichen vom einfachen Grabhügel über den gemauerten Steinblock (Mastaba) bis zur ost-westlich gerichteten Grabanlage mit typischer Kusch-Pyramide und vorgesetzter östlicher Kapelle.
Die kuschitischen Königspyramiden unterscheiden sich von den ägyptischen Pyramiden aus dem Alten Reich durch ihre zierlichere Bauweise.
Ihre Basis mißt höchstens 30 m (die Cheops-Pyramide zum Vergleich mißt 228 m), der Steigungswinkel beträgt zwischen 60 und 70 Grad (von der Cheops-Pyramide 50 Grad).

In der 25. Dynastie wurden die Verstorbenen in mit Perlen besetzte Netze gehüllt, auf Holzbetten in verschachtelte Holzsärge gelegt, welche auf erhöhte Steinbänke standen. Beigesetzt wurden die Kuschkönige nach Kerma-Tradition in gekrümmter Haltung.

Ein gesonderter Teil der Nekropole war für die Königinnen vorgesehen. Während den Königen nach Pianchi in ihren Pyramiden zwei Kammern zugedacht waren, mußten sich die Königinnen mit einer Kammer begnügen.

Die Königsgräber bestanden aus einem Graboberbau, der Pyramide, Totenkultkapelle und Umfassungsmauer. In den unterirdischen Grabkammern ruhte der Verstorbene in einem Stein- oder Holzsarkophag. Zugänglich waren die Kammern über eine Rampe vom Osten her, die sich unter der Kultkapelle öffnete.
Die Privatgräbertypen der Beamtennekropole von Aniba aus der 18. bis 20. Dynastie dienten wohl als Vorbild. Daraus kann geschlossen werden, das dieser Grabtyp nubische Wurzeln aufweist. Nach ägyptischer Weise wurden einzelne Gräber mit Texten und Totenszenen dekoriert. Auch die Mumifizierung wurde praktiziert.

Die frühen Gräber waren in Fels gehauene Gruben oder Seitenkammern, die durch Steinaufbauten versiegelt wurden. Durch frühe Plünderungen wurden diese Steinaufbauten zerstört, um Zugang zu den Gräbern zu erlangen.
Die frühesten Gräber scheinen die gewesen sein, die den höchsten und besten Standort des ursprünglichen Friedhofes hatten, welcher auf beiden Seiten von einem Wadi begrenzt wurde. Die ältesten Gräber besaßen einen runden Grundriß, ähnlich in der Form der typischen nubischen Gräber der C-Gruppe.

Aktuelle Erkenntnisse deuten darauf hin, daß auch die frühesten Gräber wahrscheinlich auf Mastabas erbaute kleine Pyramiden besaßen, im Gegensatz zu den ägyptischen Adligen Gräber des Neuen Reiches.

Eine Besonderheit in El-Kurru, die zusätzlich zu den Königsgräbern von Reisner gefunden wurde, ist ein Friedhof mit 24 Pferdegräbern, die sich in der Nähe der Hauptgräber befinden (siehe die drei Fotos über diesem Text). Hier wurden Pferde stehend mit dem Kopf nach Südosten begraben, die zu den Königen der 25. Dynastie gehörten. Zwei kleine Rundgräber wurden ebenfalls gefunden, eins enthielt das Skelett eines Hundes.
     
Zwei Gräber sind zum Besichtigen geöffnet. Es sind die Gräber von Tanutamen (Tenu -Tanwetamani - Tar [es gibt verschiedene Schreibweisen]) und Qalhata.
Von diesen Gräbern berichte ich auf den nächsten Seiten.
Grab von Tanutamen Grab von Qalhata  
     
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