Gebel Barkal
 
Hoch erhebt sich das etwa 200 Meter lange bis zu 104,5 Meter hohe Sandsteinmassiv des Gebel Barkal aus der ansonsten flachen Wüstenebene.
Gebel Barkal befindet sich etwa 2 km östlich vom Nil, in der Nähe der heutigen Stadt Karima, etwa 15 km unterhalb des 4. Nilkatarakts und ca. 325 km nordwestlich von Khartoum. 
Gebel Barkal war die südlichste Region ägyptischer Tempelbaukunst. Der Nil kreuzte hier die Haupthandelsroute zwischen Ägypten und Afrika. 
Als die Ägypter in der frühen 18. Dynastie (ca. 1504 v. Chr.) Obernubien (heutiger nördlicher Sudan) eroberten, identifizierten sie Gebel Barkal als Geburtsort ihres Reichsgottes Amun. Während ihrer Eroberungszüge installierten die Ägypter an vielen Orten in Nubien den Kult des Amun.
Der mächtige Gebel Barkal scheint in seiner Erscheinungsform eine besondere Bedeutung für die Ägypter gehabt zu haben. Sie sahen diesen Berg mit seiner Umgebung als Schöpfung, Standort und Heimat ihres Reichsgottes Amun an und verbanden den uralten Aspekt des Gottes mit der Erneuerung des Lebens verbunden mit der Nilüberschwemmung jedes Jahr.
Zwischen Ägypten und Nubien sind bereits aus dem vorgeschichtlichen Ägypten und der nubischen A-Gruppe1 interkulturelle Kontakte bekannt. Im Alten Reich unternahmen die Ägypter Expeditionen, die sie bis zum zweiten Nilkatarakt, wahrscheinlich bis ins Dongola-Becken, führten. Mit dem Auftreten der C-Gruppe1 in Nubien in der ersten ägyptischen Zwischenzeit verschwand der ägyptische Einfluß. 
Im Mittleren Reich in der 11. Dynastie konnte erneut durch die Wiedereroberung Nubiens die Südgrenze Ägyptens bis über den zweiten Katarakt vorgeschoben werden.
Es wurden zur Sicherung und Kontrolle der Grenzen in dieser Zeit gewaltige Festungsanlagen angelegt.
Ein abermaliger Rückzug der Ägypter erfolgte in der zweiten Zwischenzeit durch das Eindringen der Hyksos nach Norden.
Bereits seit dem Ende des Alten Reiches und folgender ersten Zwischenzeit hatte sich südlich des dritten Kataraktes die Kerma-Kultur etabliert. Dieses Königreich von Kerma ist mit dem in den Quellen genannten Kusch identisch.
Mit dem Rückzug der Ägypter in der zweiten Zwischenzeit dehnte Kusch nun seinen Bereich in den Norden bis zum zweiten Katarakt aus.
Auch wenn aus dieser Zeit keine schriftlichen Quellen existieren, kann davon ausgegangen werden, daß zwischen Ägypten und dem kuschitischen Reich von Kerma weiterhin wirtschaftliche Beziehungen bestanden.
Eine erneute Eroberung des Gebietes fand durch die Ägypter im Neuen Reich (1550 - 1070/1069 v. Chr.) in der 18. Dynastie durch mehrere Feldzüge nach Nubien statt.
Thutmosis I. erreichte das Dongola-Becken und zerstörte etwa 1500 v. Chr. Kerma. Ein Vorstoß bis zum Gebel Barkal ist bisher noch nicht belegt.

Die frühesten Belege pharaonischen Tätigkeiten am Gebel Barkal stammen aus der Zeit von Thutmosis III., so eine am Gebel Barkal gefundene Stele, die sich heute im Museum Fine of Arts in Boston befindet.
Weiter im Süden sind die einzig gesicherten Spuren ägyptischer Präsenz Felsinschriften am Hagar el-Merwa, dem "Quarzfelsen" bei Kurgus auf dem Ostufer des Nils zwischen dem vierten und fünften Katarakt. Davon stammt die älteste Inschrift von Thutmosis I., die in Wort und Bild fast identisch ist mit einer Inschrift von Thutmosis III., die in der Nähe gefunden wurde.
Ebenso konnten dort Inschriften von Ramses II. identifiziert werden.
An diesem "Quarzfelsen" haben sowohl Angehörige des königlichen Haushaltes als auch Beamte und Priester Inschriften hinterlassen. Es kann angenommen werden, daß die Truppen nach der Einnahme von Kerma dem Nillauf in das Gebiet des vierten Kataraktes nach Süden folgten. Grabungen im Gebiet des vierten Kataraktes zur Rettung der nubischen Altertümer sind noch im Gange. Hier soll ein neuer Staudamm entstehen. Vielleicht können diese Grabungen weitere Aufschlüsse ägyptischer Präsenz in diesem Gebiet ergeben.

Der Gebel Barkal kann wohl als die eigentliche Südgrenze des ägyptischen Reiches gelten. Hiervon zeugen reichliche Bautätigkeiten und Funde von der Anwesenheit der Ägypter bis in die 19. vielleicht auch 20. Dynastie.

Blick auf Gebel Barkal von Südosten
Am Fuße des Berges errichteten die Ägypter ein großes religiöses Zentrum und gaben ihm den gleichen Namen wie Karnak Ipet-sut (Jpt-swt), Amuns großes Heiligtum in Theben.
Sie nannten den Berg
Dw wab (den reinen Berg) und nswt-tAj (Thron der beiden Länder). Gleichzeitig gründeten die Ägypter in unmittelbarer Umgebung die Stadt Napata.
Es entstand eine riesige Tempelstadt am Gebel Barkal, vergleichbar dem ägyptischen Karnak. Auf den Tempelwänden enthalten Inschriften Berichte über die Thronbesteigung, Stiftungen für Götter und Schilderungen von Feldzügen. Der zunehmende Einfluß des Reichsgottes Amun von Napata durch Orakelentscheidungen wird sichtbar.
Auch für die Wahl des Königs, bei der das Heer zumindest nominell noch beteiligt war, spielte die Orakelentscheidung eine große Rolle. Schwestern des Königs werden als Priesterinnen eingesetzt, thronberechtigt waren aber in erster Linie die Söhne. Den weiblichen Angehörigen kam wie bereits in kuschitischer Zeit eine besondere Rolle zu, was sich später in Meroe fortsetzte.

Foto: T. Kendall 2
Das auffälligstes Merkmal am Gebel Barkal ist die riesige freistehende Felsnadel (Pinnacle) auf der südlichen Ecke der Klippe.
Die auffällige Felsnadel galt möglicherweise als phallisches Symbol der regenerativen Macht Amuns. Vom Osten aus gesehen ähnelt die Felsnadel dem königlich-ägyptischen Uräus an der Weißen Krone.
Vom Westen aus gesehen sieht die Felsnadel aus wie die mit der Sonnenscheibe gekrönte göttliche Schlange, dem Uräus.

Nähere neuzeitliche Untersuchungen der Spitze dieser Felsnadel ergaben, daß diese bearbeitet wurde. An der freien Fläche (oben rechts im Bild zu sehen) fand man Reste von Bearbeitung, die Felswand war noch teilweise geglättet und ebenso fand man noch kleine Verputzreste.
Es wird angenommen, daß dort auch Elektron (eine natürlich vorkommende Gold-Silber-Legierung) angebracht war (siehe Foto oben rechts).

Einige angesehene Ägyptologen meinen diese Symbole heute noch erkennen zu können (siehe oben links die eingezeichnete Rekonstruktion).
So erkennen ebenso verschiedene Archäologen noch heute aus größerer Entfernung vom Ortsrand des heutigen Karima in der Felsnadel die Form einer Königsstatue mit der Weißen Krone von Oberägypten. Wenn dem so ist, ist die entstandene Mythologie gut nachvollziehbar, daß für die Ägypter der Gebel Barkal als Heiliger Berg
(dwa-wab) und als Wohnung des Amun angesehen wurde . 

Spekulationen darüber, ob dieser Form der Felsnadel natürlichen Ursprungs sei oder ob etwas nachgeholfen wurde, wiesen Caillaud und Budge zurück. Kendall konnte später durch archäologische Befunde bestätigen, daß die Form natürlichen Ursprungs ist.

So sehr ich mich auch bemühte und versuchte, auch nur Ansatzweise etwas in dieser Richtung zu erkennen, es gelang mir nicht.
Ich meinte dann doch etwas anderes zu erkennen, was so ausschaut wie links auf dem Foto ...
Ist das nicht Bert von der Kindersendung Sesamstraße???

Über die Hintergründe der Bedeutung des Amunkultes und der sog. "Heiligen Landschaft" am Gebel Barkal beschäftigt sich seit einigen Jahren intensiv T. Kendall. Seit Jahren finden dort Grabungen statt, die immer noch nicht abgeschlossen, ein Teil davon ist aber bereits publiziert.

T. Kendall interpretiert es folgend:
Die Gegend vom Gebel Barkal nach der Eroberung Nubiens (etwa 140 v. Chr.) bot sich zur Errichtung eines erforderlichen Verwaltungszentrum besonders an. Hier verlief der Schnittpunkt uralter Handelswege, die aus dem Süden Afrikas nach Durchquerung der Bayudawüste über den Nil führten und weiter nach Norden durch die Nubische Wüste in Richtung auf das Kernland Ägypten. Es ist davon auszugehen, daß es hier schon zu recht früher Zeit Ansiedlungen an den Furt- und Fährstellen über dem Nil gab. Die Handelswege verbanden die Herrschaftsstädte Kawa, Napata und Meroe.
Als erfolgreicher Feldherr und Eroberer war ein Anliegen von Thutmosis III. seine von Amun verliehene Königsherrschaft auch in dieser Region, ähnlich wie in Karnak (Theben),  religiös und mythologisch zu untermauern.
Thutmosis III. stellte seine neu erworbene Provinz ebenso wie in Ägypten unter dem Gott Amun. Den Beinamen des Amun "Herr der Throne beider Länder", womit eigentlich Ober- und Unterägypten gemeint war, wandelte er in seiner Bedeutung etwas um. Dies formulierte er auf seiner Stele, die wahrscheinlich in seinem 47. Regierungsjahr angefertigt wurde und welche der Ägyptologe Reisner im Tempel B 501 von Barkal gefunden hatte. Dort wird folgend etwas abgewandelt zur ägyptischen Tradition verkündet:
  "Hört ihr Menschen des Südlandes,
die ihr am heiligen Berg seid,
den man Throne der beiden Länder nannte,
bevor man ihn kannte."
3
 
Die Inschrift des Thutmosis III. vom Gebel Barkal enthält unter anderen auch eine Beschreibung eines "Sternwunders".
  Zitat:4
"Listen, O people of the southern land, who are in the Pure Mountain called ‘Thrones of the Two Lands’ among
men (though) it was unknown; thus you may know the miracle of Amun-Re, in the presence of the Two Lands, the
like of which had never been …..the guards were just in the process of coming in order to meet in the night to
carry out the regular watch. There were no skywatchers. A star came approaching to the south of them. The
like had never occurred before. It shot straight at them and no one among them could stand. It slew as if they
had never existed, they being prostrate in their blood and falling down prone. Now the uraeus was behind them
with fire in their faces; no single man among them could retaliate; no one looked round. They had no more teams
of horses, those having bolted in terror to the mountain. Such is the miracle that Amun did for me, his beloved
son, in order to cause the inhabitants of the foreign lands to see the power of my Majesty".
 
Für die Ägypter symbolisierte der Uräus, eine als Kobra dargestellte Stirnschlange, die Anwesenheit der mächtigsten Gottheiten (hier am Gebel Barkal Amun), der vom König als Symbol seiner Herrschaft getragen wurde. Die Uräus Form des Pinacle am Gebel Barkal zeigt daher, daß Amun seinen Sitz innerhalb des Gebel Barkal hatte und somit der Berg auch als Urhügel, ursprünglicher Aufenthaltsort des Gottes Amun angesehen werden kann.
Hiermit wird die Inschrift auf der Stele über das Sternwunder als ursprünglicher Wohnort des Gottes Amun in seinem Berg interpretiert, der unsichtbar als Beschützer des Königs diesem zur Seite stand.
Die sich damit ergebene Unsichtbarkeit des Gottes Amun steckt schon im Wortstamm
jmn , was "verborgen sein" bedeutet.
5 In Nubien gab es kein Problem, den Amunkult aus Ägypten zu übernehmen und zu installieren, die Gestalt widdergestaltiger Gottheiten mit runder Krone oder Sonnenscheibe auf dem Kopf waren ihnen nicht fremd.
Bereits aus vorgeschichtlicher Zeit sind ähnliche Darstellungen als Felszeichnungen in der Sahara belegt, wie auf der Felszeichnung links zu sehen.
Für solche oder ähnliche Darstellen gibt es noch viele weitere Belege.

 

Von den noch vorhandenen Tempelruinen berichte ich auf der nächsten Seite: Gebel Barkal Tempel

 

   
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1 Die Gruppenbezeichnungen stammen vom amerikanischen Ägyptologen George Andrew Reisner (Harvard University). Nähere Informationen  zur Gruppenbezeichnung und Geschichte Nubiens sind auf dieser Webseite zu lesen: http://www.nubien.de/geschichte.shtml
2 Foto: Kendall, T: Discoveries at Sudan's sacred mountain Jebel Barkal reveal secrets of the Kingdom of Kush. Natl. Geographic 178(1990)96-124
 3 Klug, A.: Königliche Stelen in der Zeit von Ahmose bis Amenophis III. Fond. Egypt. Reine
Elisabeth, Brepols 2002; S. 201, l. 33
4 http://www.jebelbarkal.org/index.php?option=com_content&view=article&id=70&Itemid=63
5 G. Camp: "Amun-Re et les beliers a spheroide de l'Atlas", Hommages a Jean Leclant, CIFAO, von Kendall, T.: Kerma and the kingdom of Kush 2500-1500 B.C.; 1997 Natl. Mus. African Art; p. 77.