Theben West - Dra' Abu el-Naga - das Grab des Roy
 

 

In Dra Abu el-Naga, im nördlichen Teil der thebanischen Nekropole, befindet sich das Grab von Roy TT 255.

Das Grab von Roy (TT255) in die Zeit der späten 18. oder Anfang der 19. Dynastie datiert, etwa zum Ende oder nach der Herrschaft des Königs Haremhab.

Roy
gehörte zur mittleren Beamtenschaft, er war königlicher Schreiber und trug den Titel "Verwalter der Domänen des Haremhab und des Amun".
Seine Gemahlin Nebet-taui (sie wurde auch kurz Taui genannt) trägt den Titel einer „Hausherrin“ und und hatte als "Sängerin des Amun" auch ein Amt als Priesterin.
Neben der Gemahlin von Roy sind auch der Pharao Haremhab und dessen Gemahlin Mut-nedjmet im Grab von Roy Grab dargestellt.
 

Bekannt ist das Grab mindestens seit Jean-François Champollion (1790–1832).
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Grab erst von Marcelle Baud und Étienne Drioton genauer untersucht und veröffentlicht.

 

Die Lage des in den Fels gehauenen Grabes ist südöstlich orientiert.  
Es besteht aus eine einzigen Kammer, dem Kultraum, wie es meist für nicht höher gestellte Beamte zu dieser Zeit üblich war.
Der Kultraum konnte von den Angehörigen besucht werden.

Die Kammer weist etwa eine Größe von 4 x 1,85 m auf.

In der rechten Ecke hinter dem Eingang befindet sich ein Schacht, die eigentliche Grabkammer für den Sarg und diese Kammer war auch für die Angehörigen nicht zugänglich.
Die Wände der Kammer sind eher uneben, als flach, die Ecken abgerundet.
An der Decke sind farbige geometrische Muster kombiniert mit kleinen blütenähnlichen Abbildungen dargestellt, auf weißem und gelbem Untergrund.
In der Mitte befindet sich eine Inschrift mit Opferformeln für den Verstorbenen.
Die Decke erschein in sich unregelmäßig gewölbt und wird verglichen mit Stoffplanen, die die Schiffsräume von Booten abdecken.

Die Oberflächen der Wände sind ziemlich grob gehauen.
Die Dekoration (Bilder und Inschriften) wurden auf dünnen Mörtel aufgebracht,
die die Unregelmäßigkeiten der Oberfläche ausfüllt.
Mörtel wurde nur für die Decke verwendet und um bestimmte Lücken in den Wänden zu füllen.
 

 

Die Nordwand und die Südwand zeigt eine asymmetrische Anordnung und ist im Norden durch zwei, in Süden durch drei Register, durch breite schwarze Bänder unterteilt.
Das obere Register der Nord- und Südwand sind in der Dekoration gleich gestaltet.
- Abwechselnd sind zwei kurze Spalten mit hieroglyphischen Inschriften zu sehen.
In diesen Inschriften werden auch die Titel des Grabherrn und seiner Ehefrau genannt.
- Ein Emblem der Göttin Hathor, die eine rote Krone trägt und auf einem Korb ruht.
- Der Gott Anubis in seiner Funktion als Hüter des Grabes, in Gestalt eines liegenden Hundes mit der goldenen Peitsche hinter ihm.
- Zwei Bündel Cheker-Zeichen mit Sonnenscheiben gekrönt.
Die Cheker-Zeichen sind Nachbildungen von Knoten, die durch Pflanzenstengel an einen Holzrahmen befestigt waren, um so als
Wand / Trennwand zu dienen.

Nordwand

Die Nordwand zeigt den Beginn der Reise ins Jenseits.

Ein Gesamtüberblick auf die Nordwand vom östlich gelegenen Eingang Richtung Westen auf die Rückwand des Grabes.
Auffallend ist, daß die Szenen auf der Nordwand nach Westen orientiert sind. Der Westen symbolisiert die untergehende Sonne und das Jenseits. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß die Verstorbenen sich Einlaß in das Jenseits und dort ein ewiges Leben erhoffen.
Die erste Szene der Nordwand ist stark beschädigt.
Sie zeigt die Ehefrau von Roy auf einem erhöhtem Stuhl sitzen. Die Frau trägt eine üppige Haarpracht mit einem Salbkegel auf dem Haupt. Die Füße des Stuhles sind mit Pfoten eines Löwen geschmückt.
Vor ihr sitzt ihr Ehemann Roy. Diese Darstellung ist fast verschwunden. Zu sehen ist nur noch Bruchstückhaft der Salbkegel, den auch er auf dem Kopf trägt.

Vor dem Ehepaar war einst ein Opfertisch, wie er bei ähnlichen Darstellungen zu sehen ist.

Vor dem Opfertisch kauert ein sem-Priester, der die üblichen Formeln rezitiert und Räucherung und Librationsrituale ausführt. Er trägt das typische Leopardenfell der sem-Priester.
Hinter ihm kniet eine trauernde Frau (Klageweib).
Darüber befinden sich zwei weiße Holzkisten, die vielleicht die Ritualutensilien des Priesters enthalten.
Neben der oberen Kiste befindet sich ein goldener hes-Behälter.
Ein hes-Behälter ist ein meist schlanker Krug oder Vase für Weihwasser.

Auf der rechten Bildseite sitzen Roy mit seiner Frau vor einem Opfertisch.
Hinter ihnen sind vier Personen zu sehen.

Oben hinter den Kisten sitzt auf einem Stuhl mit einen roten Kissen, dekoriert mit weißen gestickten Rosen, die Schwester von Roy. Sie trägt den Titel "Sängerin des Amun und oberste des Harem".
Vor der Schwester des Roy sitzt der Bruder des Verstorbenen auf einem Ebenholzstuhl. Er trägt den Titel "Königlicher Schreiber", der anscheinend als Priester mit kahlgeschorenen Haupt, Opfer an den Verstorbenen für der Patronin
Ahmose-Nefertari, der Mutter des Pharaos Amenhotep I., darbringt.

Unter der Schwester sitzt eine Frau, wahrscheinlich auch ein Familienmitglied ist.
Vor dieser Frau sitzt wahrscheinlich ein weiteres Familienmitglied auf einem Ebenholzstuhl. Ein Stuhl aus Ebenholz zeigt den höheren sozialen Status der Personen an, die ihn benutzen.

Vor den beiden Paaren befindet sich ein kleiner Opfertisch mit gebündelten Lauchzwiebeln.

Wie bereits erwähnt sitzen Roy und seine Frau im Anbetungsgestus vor einem Opfertisch, welcher mit einem Strauß Zwiebeln und anderen Pflanzen dekoriert ist.
Hinter dem Opfertisch steht vor dem Paar ein sem-Priester und spendet ihnen aus dem Krug, den er in der anderen Hand hält, Weihwasser. 
In den Inschriften über ihnen befinden sich die Formeln, welche der Priester zu dem Verstorbenen zelebriert. 

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Zu den Zwiebeln auf den Opfertischen.

Die Darstellung von Zwiebeln symbolisieren eine doppelte Funktion:
Sie werden als Symbol des Lichts gedeutet, ihr oberirdischer Teil unterstützte die Reise des Sokar in der Barke zum Himmel.
Ebenso dienten der unterirdische Teil der Zwiebeln in der Erde, der Abwehr der Schlangen, vor allem des Sonnenfeindes Apophis, der die nächtliche Reise des Sonnengottes behindern will.

Hier ist eine ähnliche Szene wie zuvor zu sehen.
Roy sitzt mit seiner Frau vor einem Opfertisch, auf dem sich Gemüse und Brot befindet.
Beide haben auf dem Kopf neben den Salbkegeln eine nach vorne geöffnete Lotusblüte.

Roy hält eine größere geöffnete Lotusblüte mit der Öffnung nach vorne in der Hand und atmet den Duft der Blume ein, der ihm Wiedergeburt verspricht.

Hinter ihnen sitzen zwei Frauen, jede ebenfalls vor einem  kleineren reichlich mit Brot und Gemüse  beladenen Opfertisch.

Vor dem Opfertisch zelebriert ein sem-Priester seine Unterweltsformeln und spendet den Beiden Weihwasser.

Hinter dem Priester befinden sich zwei klagende Frauen.
Schaut man sich die Details näher an, ist zu erkennen, daß die obere Frau hängende Brüste hat und die untere stramm stehende Brüste.
Es scheint sich oben um eine ältere Frau zu handeln.

Westwand

An der Westwand / Rückwand der Grabkammer befindet sich eine halbrunde Nische.
Die Dekoration ist stark beschädigt und nur noch einzelne Szenen bruchstückhaft zu erkennen.
Links in der Mitte erkennt man noch die Reste des Grabherrn im Anbetungsgestus vor einem Opfertisch stehen.
Recht unten sind Reste eines Opfertisches zu sehen.

In der Mitte der Wand befindet sich eine gewölbte, beschädigte Stele.
Die Darstellungen und Text bilden eine Lobhymne an den Sonnengott Ra.
Die obere Abbildung zeigt eine Sonnenbarke. In dieser sitzt links der Sonnengott Ra, der ein Ankh - Zeichen auf den Knien hält.
Vor ihm sind zwei Paviane mit erhobenen Händen im Anbetungsgestus. Sie begrüßen hiermit die aufgehende Sonne.

Der Text enthält ein Sonnenhymnus und beginnt mit einer Anbetung an den Sonnengott Ra.

Ostwand

An der Ostwand, neben dem Eingang befinden sich zum Teil ziemlich zerstörte Szenen, die aus dem Diesseitsleben des Verstorben berichten.

Eine Szene, wenn auch beschädigt, stelle ich kurz vor.

Im oberen Register steht Roy und lauscht den Berichten der Arbeiter von seiner Domäne. Vor ihm sind die Produkte
seiner Domäne aufgestapelt.

Darunter ist ein Baum an dem sich Verpflegung für die Pflüger befindet.
In der Mitte sind die Pflüger bei ihrer Arbeit zu sehen.

Unten ist ein Bauer zu sehen, der einen Ochsen zum Pflügen antreibt.
Hinter ihm steht eine Frau mit eine Beutel Samen in der Hand.

Über dem Ochse ist ein kleiner Junge zu sehen, der sich von einem Bauch Früchte nimmt.

 

Südwand - mittleres Register

Die Südwand enthält drei Register. Das obere Register bildet den gleichen Fries wie auf der Nordwand.
Es wird hier der Trauerzug gezeigt mit dem Transport der Grabbeigaben. Der Trauerzug begibt sich in Richtung Westen zum Jenseits um das Reich der Götter zu betreten. Die Götter begleiten den Verstorbenen auf dem Weg ins Jenseits.
Im mittleren Register links stehen zwei festlich gekleidete Trauergäste mit erhobenen Armen im Anbetungsgestus vor den Göttern. Es handelt sich nach den Inschriften hierbei um den Direktor der "Doppel Kornkammer" Imen-m-ipet (Amenemipet) und um "seine Schwester, Frau / Geliebte, die Herrin des Hauses, Sängerin des Amun Mut".
Zwischen den Trauergästen und den Göttern befindet sich ein reichlich gedeckter Opfertisch.

Die Frau trägt einen Salbkegel auf der prächtigen Lockenperücke. Um den Hals trägt sie eine breite kostbare Perlenkette.
In ihrer linken Hand hält sie eine Lotusblume und in der anderen Hand das Gegengewicht einer Menit.

Menit (mnjt) wird ein Gegenstand bezeichnet, das aus mehreren an seinem Ende verbundenen Perlenketten und aus 2 Längsteilen gemachten Abschlußstück besteht. Das Abschlußstück hat die Form eines Rechteckes oder eines Trapezes und endet in einer Scheibe. Dieser Gegenstand bildet das Gegengewicht, wenn die schwere Perlenkette um den Hals getragen wird. Beim Schütteln erzeugen die Perlen eine klapperndes Geräusch, wie auch das Sistrum.
Diese Halskette ist ein Attribut der Göttin Hathor.

Der festlich gekleidete Mann trägt keinen Salbkegel auf seiner schönen Perücke. Er trägt einen breiten Kragen und die gleichen Armbänder wie seine Frau als Schmuck.

In dem Schrein vor ihnen sitzen oben der Gott Nedjem und unter ihm die Göttin Maat. Sie halten in der Hand das was-Zepter, ein Zeichen ihrer Herrschaft und Macht.
Hier ist nun wieder Roy mit seiner Frau zu sehen. Sie folgen dem Trauerzug und stehen vor einem reichlicheren gefüllten Opfertisch mit reichlich Fleisch, noch mehr Gänse, Gurken, Granatapfel und Feigen gefüllt.
 

Vor Ihnen sitzen oben die Götter Re-Harachte mit einer großen Sonnenscheibe auf dem Kopf und unten die Göttin Hathor, auf dem Kopf umschließen Kuhhörner die Sonnenscheibe.

Diese Wand ist in großen Teilen ziemlich zerstört.
Links schreiten Roy und seine Frau den durch nächsten Durchgang. Seine Frau hält nun ein Sistrum und das Gegengewicht einer Menit in der Hand.
Sie betreten den Raum der Maat.
In der Mitte wird das Paar von dem Gott Horus zur Waage der Gerechtigkeit / Wahrheit geführt.
Diese Szene erinnert an Kapitel 125 des Totenbuches.
Auf beiden Fotos ist zu sehen, wie der Gott Horus den Verstorbenen mit seiner Frau zur Waage zur Wägung des Herzens führt.
Links in der Waagschale liegt das Herz und rechts die Feder der Maat, hier in Gestalt der Maat.
Ungewöhnlich ist die Darstellung, daß dort zwei Herzen, bzw. zwei mal die Maat dargestellt ist. Die Bedeutung dieser Dualität ist nicht bekannt. Es gibt verschiedene Spekulationen.
Die Maat wurde als Göttin, Tochter des Sonnengottes Re, gedacht, die für die Gerechtigkeit und göttliche Ordnung sorgt.

Durch die Wägung wird der Wert des Lebens des Verstorbenen bewertet, bevor er vor Osiris treten darf.
War das Herz mit Sünden beladen, wurde es der großen Fresserin, einem Krokodil ähnlichem Wesen, zum Fraß vorgeworfen. Damit hörte der Mensch für immer auf zu existieren.
Hat das Herz diese Prüfung bestanden, wurde der Verstorbene in das Jenseits aufgenommen und erhält ewiges Leben.

Nach bestandener Prüfung leitet Horus die Beiden vor den Schrein des Osiris. Osiris sitzt auf seinem Thron in einem Schrein mit den Symbolen seiner Macht, Krummstab und Schlegel vor einem Opfertisch.
In einen separaten Teil des Schreines stehen die vier Kanopen der Horussöhne auf einer geöffneten Lotusblüte.

Die vier Horussöhne sind:
Amset mit dem menschlichen Kopf, Hapi mit dem Kopf eines Pavians, Duamutef mit dem Kopf eines Falken und Kebehsenuef mit dem Kopf eines Hundes. Die Söhne des Horus, sind die Wächter des Kanopenkrüge die die inneren Organe des Verstorbenen enthalten.

Südwand - unteres Register

Das untere Register ist der Beerdigungszeremonie im Diesseits gewidmet.
Auf dem linken oberen Foto tragen Priester den kleinen Sarg mit den Kanopenkrügen.

Oben auf dem Sarg sitzt Anubis, der für den Schutz der inneren Organe zuständig ist. Begleitet wird der Sarg von trauernden Angehörigen. Darunter sitzt ein "Klageweib".

Rechts oben ist eine Vielzahl an professionell Trauenden "die sogenannten Trauerweibern" zu sehen, die im Rhythmus laut klagend mit gesungenen Versen der Barke mit dem Sarkophag des Verstobenen folgen und hiermit ihre große Trauer kund geben.

Die Dekoration der Barke ist in zwei Register eingeteilt. Abwechselnd befinden sich in den Registern Doppel Djed Säulen (Zeichen des Osiris) und Doppel Tjt Knoten (Knoten der Isis). Der Tjt-Knoten ähnelt dem Ankh-Zeichen, bei denen allerdings die beiden Seitenarme nach unten geklappt sind. Der Tjt Knoten soll den Verstorbenen vor allen Gefahren des Jenseits schützen.

Der Vestorbene ruht in der Barke auf einem Trauerbett, dessen Füße in Form von Löwenpfoten gearbeitet wurden.
Auf dem Schlitten stehen an der Vorderseite und an der Rückseite der Barke in kleiner Gestalt die beiden Göttinnen Isis und Nephthys. Die beiden Göttinnen wachen über den Verstorbenen.

Foto unten links:
Vor der Barke steht ein sem-Priester, erkennbar an seinem Pantherfell. Er vollzieht rituelle Gesten vor der Barke, räuchert Weihrauch und gibt ein Trankopfer.

Unten rechts auf dem Foto ist zu sehen wie vier angespannte Ochsen die Barke ziehen.


Tjt-Knoten

Die Trauenden vom Trauerzug folgen der Mumie des Verstobenen  bis zu Osiris. Dort wurde die Mumie des Verstobenen aufgerichtet und wird von Osiris gehalten. Davor stehen Priester mit den Utensilien der Mundöffnung bereit und das Wiederbeleben durch das Mundöffnungsritual beginnt.

Diese Szene findet im Vorhof des Grabes satt.

Überragt wurde diese Stele von einer Ton-Ziegelpyramide, die aus dem Berg des Westens, die neuen Heimat des Verstorbenen, heraus ragt.


 

 
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Quellennachweis:
Leitz, Christian; Das Ichneumonweibchen von Herakleopolis - eine Manifestation der Bastet. Studien zur altägyptischen Kultur 38, 2009.

Porter Bertha & Moss Rosalind; Topographical bibliography of Ancient Egypt hieroglyphic texts, reliefs and paintings. The Theban Necropolis. Part one:
Private tombs, Griffith Institute 1994.

Kent R. Weeks; Luxor. Illustrierter Führer durch Grabstätten, Tempel und Gräber. Vercelli 2005.

Ägyptisches Museum München (Juli 2018); http://www.smaek.de/index.php?id=442

https://osirisnet.net/tombes/nobles/shuroy/e_shuroy_01.htm