Herstellung von Nilschlammziegel
 

Auf unserer Fahrt entlang am Blauen Nil bis Sennar machten wir auf dem Rückweg etwas nördlich von dieser Stadt einen kurzen Stopp und schauten den Arbeitern zu, die noch fast wie zu alten Zeiten die Nilschlammziegel in Handarbeit herstellen.

Die Geschichte der Verwendung von luftgetrockneten Lehmziegelbauten kann bis in das 9. - 8. Jahrtausend v. Chr. zurück verfolgt werden. Ruinen einer Siedlung in Al Baida in Südjordanien belegen dies. Ebenso ist zu belegen, daß im alten Jericho um 7500 v. Chr. eine Lehmbaukultur entstand. In dieser frühneolithischen Zeit wurden die Wohnhäuser in Form von Bienenkörben gebaut, wobei man damals schon erkannte, daß sich die Ziegel beim Bauen besser mit Mörtelschlamm verankern ließen, wenn man in die Oberseite Kerben eindrückt. Diese Baukunst entwickelte sich stetig weiter. Die Rundbauten entwickelten sich zu platzsparenden Eckbauten und so war eine bessere Raumaufteilung möglich. Die früheste Entwicklung der fortgeschrittenen Bauweise ist in Zentralasien in Çatal Hüyük zu beobachten. Çatal Hüyük oder auch Çatal Höyük ist eine ehemalige Stadt in der heutigen Türkei die vermutlich um 6800 - 5800 v. Chr. gegründet wurde. Damit ist sie die älteste nachweisbare Stadtkultur. Sie hatte etwa 5000-6000 Einwohner.
Die frühen Ziegelvorläufer waren meist mit der Hand geformte ovale Klumpen. In Çatal Hüyük wurde eine gewisse Formatierung der Ziegelsteine eingeführt. Dicke, Breite und Länge der Ziegel verhielten sich wie 1 zu 2 zu 4 und wiesen somit das gleiche Verhältnis im Format auf wie ein moderner Ziegelstein.
Diese Entwicklung setze sich recht bald im gesamten Mittleren Orient durch.

Während im pharaonischen Ägypten als Baumaterial für sakrale Bauten und im Profanbau überwiegend Granitstein oder anstehenden Sandstein benutzt wurde, benutzte man für Wohnhäuser, Umfassungsmauern und Festungen vor allem Trockenziegel aus Lehm. Lehm, ein sekundäres vermischtes Ablagerungsprodukt von wechselnder Korngröße, kommt im Niltal wie auch in den Wadis in unterschiedlicher Qualität vor. In Farbe und Eigenschaften unterscheidet sich der Lehm, so daß es möglich ist zu bestimmen aus welcher Gegend das Material für die Ziegel stammt. Am häufigsten wurde Nilschlamm verwendet. Er hat eine grau-grüne Farbe, ist reich an organischen Ablagerungen und besitzt gute Bindungseigenschaften.
Seit der Frühzeit ist die massenhafte Herstellung von genormten Ziegel aus Nilschlamm belegt. Diese Ziegel wurden in Holzmodellen geformt und in der Sonne getrocknet.
Im Zentralsudan sind Nilschlammziegel in meroitischer Zeit belegt. Diese wurden oft mit auf dem Boden liegenden Lesesteinen (Fundsteinen) kombiniert. Auch sind seit meroitischer Epoche gebrannte Ziegel dokumentiert, die aus Nilschlamm hergestellt wurden.
Erst seit dem 18. Jahrhundert n. Chr. wird im Sudan (in Obernubien und im Zentralsudan) die Stampflehmtechnik benutzt. Hierzu wird der Nilschlamm schichtweise in Formen aufeinander gestampft und getrocknet. Wie zuvor wird der Nilschlamm zur Ziegelherstellung mit Stroh und Dung gemagert (das bedeutet der Lehm sollte leicht und locker sein und nicht dick und fest) und vor Ort zu etwa 50 cm breiten Streifen und etwa gleich hohen Streifen gestampft. Zwei Tage später kam die nächste Schicht darauf bis Mauern bis zu einer Höhe zu 3,50 Meter Höhe entstanden.

Es war interessant, diesen hart arbeitenden Menschen bei ihrer Arbeit zu beobachten und einen Einblick in die Herstellung von Nilschlammziegel zu bekommen.
Freundlich, mit einem Lächeln wurden wir begrüßt, ich nehme an, sie freuten sich über unser Interesse an ihrer Arbeit, vielleicht war es auch eine kleine Abwechslung für sie im schwerem Alltag.

   
   
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