Nördliches Pyramidenfeld von Meroe

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Pyramide Beg N 11 Königin Shanakdakheto

Die Königin Shanakdakheto (auch Shanakdakhete genannt) war eine nubische Königin des kuschitischen Reiches und regierte zwischen 170 bis 125 v. Chr..
Sie war die erste weibliche Herrscherin im meroitischen Zeitraum.
Belegt ist die Königin unter anderem mit ihrem Namen auf zwei Türpfosten des vermutlich von ihr erbauten Tempels 500 in
Naqa. Auf diesem Türpfosten schrieb sie den Königsnamen zum ersten Mal in meroitischen Hieroglyphen, während die übrige Inschrift noch in ägyptischen Hieroglyphen erscheint. Somit ist dies der älteste sichere Beleg für die meroitische Schrift.
Ein weiterer Beleg für diese Königin ist eine Statue aus Meroe, die sich heute im Museum von Kairo befindet. Diese Statue zeigt eine Krönung einer meroitischen Königin, ist allerdings unbeschriftet. Die Zuordnung ist nicht sicher. Jedoch auf Grund
ikonografischer Betrachtungen wird diese Statue der Königin Shanakdakheto zugeschrieben.

Foto: http://www.britishmuseum.org/images/ps235376_m.jpg
Die Pyramide Beg N 11 wird ihr als Begräbnisstätte zugeordnet. Ein Beleg hierzu ist dieses Relief aus rotem Sandstein aus der Pyramidenkapelle.
Auf dieser Wand  erscheint auf einem Thron sitzend, geschützt durch die geflügelte Isis, mit einem Prinzen, der auch in Naga mit ihr im Kontext genannt wird.

Vor der Königin finden Ritualhandlungen statt und in mehren Register sind
Träger mit Opfergaben zu sehen, einige tragen Palmwedel in der Hand.
Obwohl die
Reliefs in einem ägyptischen Stil gearbeitet sind, zeigen diese ihre eigene
unabhängig entwickelte Charakteristik.

Skizze: Näser, Claudia; MittSAG, Heft Nr. 5. 1996.

Die Pyramide der Königin Shanakdakheto ist die größte Pyramide auf dem Nordfriedhof. Auch unterscheidet sie sich die Pyramidenkapelle in der Komplexität ihrer architektonischen Ausführung und in der Dekoration von allen anderen napatanischen und meroitischen Pyramiden.

Diese Pyramide hat zwei Pylone. Sie besteht aus einem ersten Pylon und zwei offene Höfe, die durch einen Mauerdurchbruch
voneinander getrennt sind. Es folgt ein zweiter Pylon und ein überdachter innerer Raum, die sogenannte Kultkapelle. 

Rechts Blick vom ersten Hof durch den Mauerdurchbruch auf den 2. Pylon.

Auf der linken Seite vom ersten Pylon ist in den original eingefügten Fundsteinen eine Reliefdarstellung noch schwach erkennbar.

Darauf ist der Gott Horus mit einer königlichen Krone zum Eingang blickend, im schreitendem Schritt mit einer Librationsvase zu erkennen. Vor seinen Füßen schreitet in gleicher Richtung ein Hund.

Zum ersten Hof sind auf beiden Seiten kleine Durchgänge eingefügt. (Auf der Skizze oben ist nur einer eingezeichnet.)

An den Türpfosten zum zweiten Pylon scheinen zu beiden Seiten diverse Darbringungen von Opfergaben dargestellt zu sein.

Die Dekoration der inneren Seitenwände der Kapelle sind überwiegend Darstellungen aus dem diesseitigem Leben, wie rituelle Handlungen im Rahmen des Begräbnisses, dem Totenkult, Repräsentationen, Prozessionen und Opferhandlungen.
Auf den Längswänden erscheint die thronende Königin im Staatsornat, darunter in flachen Bildstreifen erscheinen Züge von Rindern und Opferträgern. Auf der Ostwand sind opfernde Priester und Götter, Palmwedelträger, und Musizierende dargestellt. Dabei handelt es sich um reale Wiedergaben der Begräbnisrituale.
Ebenso findet man an den Längswänden und der Ostwand fragmentarisch erhaltene Szenen mit Weinlaubmotiven und Motive die sich mit der Weinkultur beschäftigen, so auch Vögel die an Reben picken. Interessant daran ist, daß Wein nur aus dem Norden kommen konnte, in dieser Region gab es damals keine Weinanbaugebiete.
Gut erhalten sind im zweiten Hof noch diese Szenen. Großformatige Züge von Rindern, die von Göttern und menschlichen Personen geführt werden, sie hier zu sehen.

Die  Westwand der Kultkammer

Die Reliefs der Westwand sind im erhabenen Relief ausgeführt und reichen im Stil der Tradition bis in die frühe napatanische Zeit zurück.
Auch hier ist hat sich wieder teilweise sehr hoch Flugsand angesammelt.

Die Darstellungen lassen sich in einzelne Szenen gliedern (siehe Skizzen unten). Diese Szenen enthalten Inschriften in ägyptischen Hieroglyphen, sind allerdings wegen ihres schlechten Erhaltungszustand fast unlesbar.


Von der Westwand möchte ich eine gekürzte Zusammenfassung von der Veröffentlichung von Claudia Näser über das Dekorationsprogramm der Kultkammer von den einzelnen Szenen der Westwand wiedergeben.
Auf dieses Dekorationsprogramm möchte ich näher eingehen, weil hier deutlich wird, daß die Tradition der ägyptischen Darstellungen zwar übernommen wurde, hier viele Elemente aus dem ägyptischen Totenbuch, und mit neuen meroitischen Anschauungen und Elemente verknüpft wurde.


Links Detailausschnitt der Szenen 3 und 4, der Szene 5 und der Szene 6.

Schwach erkennbar ist die Szene 1 über der Scheinnische. Dort ist in der Mitte, auf einem Thron sitzend wahrscheinlich die Königin zu sehen. Sie trägt eine Atefkrone mit Kronenbändern und einen breiten, glatten Halskragen. In den Händen hält sie Palmwedel. Die Sitzfläche des Throns ist mit einem Uräusfries geschmückt. Vermutlich war die gesamte Reliefoberfläche mit antiken Stuck überzogen, Reste davon sind noch an der Krone der Königin erkennbar.
Hinter der König steht Isis mit Kuhgehörn und Geierhaube. Zwischen Isis und der Königin ist ein spitzes Dreieck abgebildet, was vermutlich eine Abbildung eines Graboberbaus in Form einer Pyramide darstellen könnte.
Direkt vor der Königin mit erhobenen Armen, genau wie Isis,  steht eine weitere Göttin, hier könnte es sich um Nephthys handeln.
Es folgen drei weitere Gottheiten. Zuerst Amun mit Atefkrone, Götterbart, Halskragen und einem an seinem Schurz festgebundenen Stierschwanz. In der Linken Hand trägt er ein Anch-Zeichen und in der rechten Hand einen Palmwedel.
Ihm folgt mit erhobenen Armen im Verehrungsgestus eine Göttin, die an ihrem Gewandt und der langen Perücke als solche zu erkennen ist.
Anschließend folgt ein falken- oder ibisköpfiger Gott, der beide Hände auf einem Block hält, was ein Opfertisch sein könnte.

Diese Szene erinnert inhaltlich und gestalterisch an das ägyptische Totenbuch; Vignette 18 bis 20, auf dem Osiris auf dem Thron sitzt, Isis hinter ihm steht und der Verstorbene auf Osiris zuschreitet. Hier ist es umgekehrt, die Verstorbene ist selbst zu Osiris geworden und sitzt auf dem Thron von Göttern umgeben. Ein eindeutiger ikongraphischer Hinweis darauf, daß die Königin zu Osiris geworden ist, ist die Atefkrone, die die verstorbene Königin trägt sowie es auch an ihrer Kleidung zu erkennbar ist. Sie trägt nicht das übliche meroitische Staatsornat, sondern wie aus der Osiris-Triade bekannt, ein einfaches langes Gewand mit glattem Halskragen.
Hiermit wird eine Abgrenzung "Königin als Osiris" zu den anderen Darstellungen hervorgehoben. Auch der
Anbringungsort, direkt im Zentrum der Kultwestkammer macht dies deutlich.

Szene 2: In diesem Abschnitt steht die Königin im meroitischen Staatsornat, langes Gewandt, Schal über rechter Schulter, Stirnband mit heranhängendem Zipfel auf den Rücken, mit dem Rücken zur Szene 1.
Die Hände hat sie im Adorantengestus erhoben (Adorantengestus = Hände nach oben ausgebreitet und den Blick verklärt nach oben gerichtet.)
Vor der Königin steht auf einem Sockel ein Altar mit einer Lotosblüte und dahinter ein nicht näher zu bestimmendes Tier, es könnte ein Rind oder Widder sein.

Das Dekor auf der Seitenfläche des Sockels zeigt eine Frau, die sich vor einem katzenähnlichen Tier niederbeugt. Zwischen ihren Beinen ist auf der freien Fläche ein Cheper-Käfer abgebildet.
Weiterhin sitzen weitere zwei Gottheiten in einem kleinen Register, das sich über dem Tier befindet. Für die Deutung dieser Darstellungen sind Parallelen zu den Vignetten im
alt-ägyptischen Totenbuch zu verschiedene Sprüchen zu finden. 
Deutlich wird bei diesen Darstellungen die Übernahme ägyptischer Vorlagen in meroitischer Zeit, ebenso die teilweise veränderte Umsetzung mit wahrscheinlich verändertem Inhalt. Die beigefügten Texte sind schlecht erhalten und somit kaum zu lesen.

Szene 3 und 4:  Hier ist der schakalköpfige Anubis mit langem Schurz und die Königin im Staatsornat zu erkennen, die sich einander zuwenden. Zwischen ihnen befindet sich ein Gegenstand, den sie anzubeten scheinen. Der Erhaltungszustand der Szene ist nicht mehr gut und läßt verschiedene Aussagen hinein interpretieren zu.

Szene 5: In diese Szene ist eine kniende Frau vor dem Grabeingang vor dem Grabeingang zu sehen, die mit einem Leben spendenden Wasserstrahl von einem Priester übergossen wird. Sie kniet vor der Mumie des Verstorbenen, die von Anubis aufrecht gehalten wird. Claudia Näser erkennt auf dem Kopf eine Geierhaube und identifiziert diese mit der Göttin Isis, in der Rolle der um die trauernde Witwe des Verstorbenen. Da es hier keine Witwe geben kann, ist dies eher als kultische Darstellung anzusehen. Von dieser Art der Darstellungen sind keine Parallelen aus ägyptischen Vorbild bekannt.

Skizze: Näser, Claudia; MittSAG, Heft Nr. 5. 1996.

Skizze: Näser, Claudia; MittSAG, Heft Nr. 5. 1996.
Szene 6: In dieser Szene sind drei Götter dargestellt, die zur Scheinnische schreiten. Es sind der schakalköpfige Anubis, mit dem für ihn typischen langen Gewandt, der wohl eine falkenköpfige Mumie mit Atefkrone vor sich hält. Vor dieser Mumie befindet sich ein Opfertisch mit einerübergroßen Lotosblüte. Ihm folgt der falkenköpfige Horus, der ein kurzes, den Oberkörper bedeckendes Gewand trägt. Der dritte Gott ist als doppelschlangenköpfig anzusprechen. Ähnliche Gottheiten sind auch an der Westwand in anderen Pyramidengräber in der Kapelle auf diesem Bestattungsgelände anzutreffen. Sie erinnern an die Wächtergottheiten vor den Unterwelttoren in den Vignetten zu den Sprüchen 144 und 145 des ägyptischen Totenbuches.

Szene 7 und 8: Das obere Register ist in zwei Szenen geteilt. Auf der rechten Szene ist die Königin anbetend mit erhobenen Armen vor dem thronenden Anubis, der die Atefkrone, Krummstab und Geisel trägt. Anubis blickt vom Inneren der Kapelle nach außen. Zwischen den Beiden befindet sich ein Opfertisch. Die Szene "Toter vor Osiris" ist ebenfalls aus dem ägyptischen Totenbuch, als Teil einer Vignette Spruch 1718 vor allem Spruch 110 bekannt. Es ist aber auch ein Beleg dafür, das der gestorbene König nicht ausschließlich als Osiris auftritt, sondern auch als Toter vor Osiris auftreten kann.
Im zweiten Teil des Registers ist eine falkenköpfige Mumie zu sehen, die von einer hinter ihr stehenden Göttin gehalten wird. Die Göttin trägt eine Feder und einen Vogel auf dem Kopf und kann als Personifizierung des Westens angesehen werden. Vor der Mumie steht ein Opfertisch. Diese Szene weist ebenso Ähnlichkeiten mit dem ägyptischen Totenbuch Vignette 148 b auf.

Szene 9: In dieser Szene sind vier Personen der Scheinnische zugewandt dargestellt. Es handelt sich um Isis, deren Name in einer Beischrift zu lesen ist. Als Kopfbedeckung trägt sie das Kuhgehörn und in der rechten Hand einen Palmwedel. Hinter ihr ist Nephthys mit dem für sie typischen trichterförmigen Kopfschmuck, vor deren Kopf ebenso ihr Name gelesen werden kann, auch wenn diese Inschrift undeutlicher geschrieben ist. Sie trägt einen Stab in der rechten Hand.
Ihr folgt mit erhobenen Armen im Anbetungsgestus eine weibliche Person. Es ist anzunehmen, daß es sich bei dieser Person um die Königin handelt. Die für diese Zeit gedrungenen Körperproportionen der Königin sprechen dafür. 
Darüber befinden sich drei leere Kartuschen und ein großer Lotosstengel, dessen Blüte bis zum Boden reicht. Ein nicht näher zu bestimmender tierköpfiger Gott mit einem

WAs
- Zepter ist schreitend ganz außen abgebildet. Eine Verbindung der Darstellung zur Ägyptischen Tradition konnte bisher nicht festgestellt werden. Es ist möglich, daß dies in den Kontext "Führen der Königin" eingeordnet werden kann.

Szene 10: Auch hier sind vier Gottheiten mit Blickrichtung zur Scheinnische zu sehen, wovon zwei ziemlich beschädigt sind. Zu erkennen ist nur, daß die beschädigten Gottheiten nicht menschenköpfig sind. Der erste Gott vor der Scheinnische hat vermutlich einen Falkenkopf und der ihm folgende Gott besitzt einen Doppelschlangenkopf. Alle vier Götter haben Messer bzw. Stäbe in der erhobenen rechten Hand. Eine große Lotosblüte liegt auf dem ersten Gott.

Diese Darstellungen auf der Westwand symbolisieren nicht was für Aktivitäten in diesem Raum oder welche Kulthandlungen hier statt fanden. Sie dienen mehr dazu die Königin als Grabinhaberin zu identifizieren sowie ihre Aktivitäten und ihren Status im Jenseits anzuzeigen. So sollen sie auch zur Sicherung des Übergangs und das Weiterleben sichern.
Während Reinigungsarbeiten 1907 fand Budge1 im Schutt der Kapelle eine verstürzte Statuengruppe, deren Aufstellungsort sich an diesem leeren Platz rekonstruieren läßt.
Budge schreibt in seinem Bericht,

"... dieses Objekt wurde nach unten aus seiner Position gegen die Westwand der Kapelle entrissen und umgeworfen, und ist in seinem Fall in  mehrere Stücke Stücke gebrochen, die Kanten waren gebrochen. Es scheint ein Versuch unternommen worden zu sein, es durch Feuer zu zerstören. Die Front ist mit einer schwarzen, schmierigen Rußschicht  bedeckt ..."

Die aus einer Sandsteinplatte gefertigte Statuengruppe besteht aus drei halbplastischen Figuren, die über einem Bildstreifen im erhabenen Relief heraus gearbeitet ist.
Diese Statuengruppe, eine Triade, wird auf beiden Seiten von einer inzwischen nicht mehr leserlichen Inschrift mit meroitischen oder ägyptischen Hieroglyphen flankiert.
In der Mitte der Triade befindet sich eine weibliche Gestalt, die auf Grund ihrer Kleidung und Statue als Königin identifiziert wird. Auf beiden Seiten steht der Königin zugewandt eine Göttin, bei denen es sich um Isis und Nephthys handelt. Die Göttinnen können auf Grund ihrer
ikonographischen Darstellung identifiziert werden.

Diese Pyramide hebt sich mit seiner vorgebauten Kapelle nicht nur wegen seiner Größe der Kultkapelle und Ausführung der Dekoration nach ägyptischer Tradition hervor, sondern auch durch die gefundene Statuengruppe die vor der Westwand der Kultkammer stand.
Darstellungen von stehenden Triaden im versenkten und erhabenen Relief an der Westwand sind auch in anderen Pyramidenkapellen zu finden.  Es gibt allerdings aus den meroitischen Friedhöfen keine Verbindung einer Reliefdarstellung mit einer von der Westwand separat gearbeiteten, teilplastischen Triade.
   
Diese Statuengruppe befindet sich heute im Magazin von Nationalmuseum in Khartoum (Inv. Nr. 453).
   
1 Budge, E. A. W.; The Egyptian Sudan; Band I, Seite 499. London 2007.  

 

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